Gedenken an die Shoa: Wie wird „Erinnerungskultur“ zu „Gedenkarbeit“, Susanne Siegert?
Shownotes
Über 6 Millionen Menschen in Deutschland sind über 80 Jahre alt – viele von ihnen sind Zeitzeug*innen des NS-Regimes. Doch diese Generation stirbt langsam aus. Was bedeutet das für unsere Erinnerungskultur? Wie erinnern wir an die Shoa, wenn niemand mehr erzählen kann? Und wie kann Gedenken heute aussehen – auf Instagram oder TikTok? Und wie kann Gedenken mehr sein als hohle Phrasen und Pflichtveranstaltung?
In dieser Folge spricht Jonas Ross mit Susanne Siegert, genannt Susi. Sie ist Journalistin und Creatorin hinter dem Account „keine.erinnerungskultur“ auf TikTok und Instagram. Siegert bringt die Geschichten von NS-Verfolgten und bisher wenig beleuchtete Perspektiven von Opfern der Shoa in Kurzvideos auf Social-Media-Plattformen. 2024 erhielt sie dafür den Grimme Online Award.
Auf der re:publica sprach Susanne Siegert auf der Bühne über ihren Wunsch, dass sich die deutsche Erinnerungskultur an die NS-Zeit ändern muss. Sie sagt: „Ciao Erinnerungskultur, hallo Gedenkarbeit – und jede*r muss mitmachen.“ Wie kann das aussehen?
Im re:publicast spricht sie über ihre Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur, über Defizite beim öffentlichen Gedenken an die Shoa und über die Gefahr geschichtsrevisionistischer Inhalte auf Social-Media-Plattformen. Sie erklärt außerdem den Slogan von keine.erinnerungskultur: „Alles, was du in der Schule garantiert NICHT über Nazi-Verbrechen lernst“.
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00:00:08: Zwei Tausend Dreiundzwanzig lebten in Deutschland über sechs Millionen Menschen, die über Achtzig Jahre alt sind.
00:00:19: Also Menschen, die vor nineteenundviertundvierzig geboren sind.
00:00:23: Und Jahr für Jahr stirbt diese Generation aus.
00:00:26: Also Menschen, die über das Grauen und über die Folgen und die Ausmaße des Zweiten Weltkriegs und der NS Herrschaft persönlich berichten
00:00:35: können.
00:00:36: Und so kommt unausweichlich der Tag, wo wir die Folgegeneration mit der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg allein zurückbleiben.
00:00:46: Aber wie erinnert sich eine Gesellschaft an etwas, das sie selbst nicht erlebt hat?
00:00:57: Hinzu kommt, dass die Aufarbeitung der Verbrechen, der gesellschaftliche Umgang mit der Singularität der Shoah erst Jahrzehnte nach dem Kriegsende begann.
00:01:06: Kurz gesagt, es braucht eine aktive Arbeit daran, nicht zu vergessen.
00:01:11: Denn wenn jüngere Geschichte zu vermeintlich ferner Vergangenheit wird, wächst die Gefahr, dass das Interesse und das Verständnis für den Zweiten Weltkrieg verschwimmen und verschwinden.
00:01:23: Und vor allem, der Versuch extremer Kräfte, Geschichte umzudeuten, findet immer mehr fruchtbaren Boden.
00:01:34: Wie also geht man dagegen vor?
00:01:36: Die erinnern wir gemeinsam.
00:01:38: Wie reden wir über die Verbrechen der NS-Herrschaft in der vierten Generation nach dem Zweiten Weltkrieg?
00:01:43: Über den Ansatz unseres Gasts, über die Arbeit an Erinnerungskultur und über Erinnerungskultur selbst.
00:01:51: Geht es jetzt?
00:01:54: Das ist der Republikast.
00:01:55: Mein Name ist Jonas Ross und du hörst die zweite Staffel dieses Podcasts mit dem Titel Generation XYZ.
00:02:06: Unter diesem Motto fand es die Republik in Berlin statt.
00:02:11: Unter diesem Podcast spreche ich mit einigen Menschen, die auf den vielen Bühnen in unzähligen Gesprächen und mit ihrem Wissen und ihrer Meinung auf der Republikan die Themen unserer Zeit verhandeln haben.
00:02:26: Und dabei geht es auch immer um das Motto Generation XYZ.
00:02:55: Alles was du in der Schule garantiert nicht über Nazi verbrechen lernst.
00:03:01: So lautet der Slogan der TikTok und Instagram-Profile meiner Gesprächspartnerin in dieser Folge.
00:03:08: Ihr Ziel?
00:03:09: Eine andere Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und den Verbrechen der Shoah.
00:03:14: Mehr gelebte Gedenkarbeit statt gelernte Erinnerungskultur.
00:03:19: Und eine Gesellschaft, in der jede und jeder daran mitarbeitet.
00:03:24: Jetzt, wo wir alle Selfies gesehen haben, die auf dieser Welt von deutschen Politikerinnen mit Margot Friedländer existieren, wird es vielleicht Zeit für ein bisschen Nachhilfe.
00:03:31: Das ist Susanne Siegert.
00:03:34: Denn über ihr Leben wissen die meisten trotzdem nicht recht viel mehr, als dass sie einmal diesen Satz gesagt hat.
00:03:40: Der natürlich besser auf Demo Plakate und Instagram passt, als das folgende Zitate damals, siebzigjährigen Margot Friedländer.
00:03:49: Denn sie ist die einzige iriudischen Familie, die den Holocaust überlebt und dafür macht sie sich ihr ganzes Leben lang Vorwürfe.
00:03:56: Und so klingt es, wenn Susanne Siegert, genannt Susi, ihren mehr als dreihunderttausend FollowerInnen anhand persönlicher und oft wenig bekannter Geschichten, die Verbrechen des Nationalsozialismus vor Augen führt.
00:04:09: In den letzten Jahren beginnt die gelernte Journalistin über ein ehemaliges Außenlager in ihrer bayerischen Heimat zu recherchieren.
00:04:16: Erst nach dem Abitur erfährt sie vom Lager Mühldorf-Hardt.
00:04:21: Eine Auseinandersetzung in der Schule Mit einem der drittgrößten Außenlager des Konzentrationslagers Dachau erlebt sie nicht.
00:04:28: Die digitale Recherche zum Lager berührt sie, eröffnet einen anderen Blick auf ihre Heimat.
00:04:34: Sie beginnt, ihre Recherchen auf Instagram und TikTok zu teilen.
00:04:38: Und diese Recherchen und die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit sind dann, wie sie selbst sagt, irgendwie gewachsen.
00:04:53: Sie spricht über Einzelschicksale, über wenig bekannte Orte, Schicksale und Ereignisse der NS-Geschichte.
00:05:00: Und über Themen, die ihr persönlich wichtig sind.
00:05:03: Es geht um eine feministische Perspektive dieser Zeit zum Beispiel oder um weiblichen oder queeren Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
00:05:16: Auf
00:05:16: der Republika-Zweitausendfünfundzwanzig
00:05:35: spricht sie in zwei Diskussionen und einem Vortrag über die Rolle von Social Media bei der Erinnerungskultur, über die drängende Suche nach digitaler Kompetenz in der Gesellschaft und über ihr Anliegen, unsere Art des Gedenkens an den Holocaust zu verändern.
00:05:51: Und über all das und vieles mehr habe auch ich mit Susanne Siegert, genannt zu sie, gesprochen.
00:05:57: über gemeinsame Gedenkarbeit, über den Umgang verschiedener Generationen mit dem Erinnern und darüber, was passiert, wenn die Generationen der Zeitzeugen langsam verschwindet.
00:06:10: Los geht's.
00:06:21: Liebe Susi, herzlich willkommen im Republikas.
00:06:23: Schön, dass du da bist.
00:06:23: Hey, fremd mich auch.
00:06:25: Du betreibst deinen Kanal bei TikTok und bei Instagram ja unter dem Namen keine Erinnerungskultur.
00:06:30: Und ich hab mich jetzt schon ein paar mal gefragt, weil ich kenne den Kanal schon eine Weile und ich hab mich ein paar mal schon gefragt.
00:06:35: wie es eigentlich zu dem Namen kam.
00:06:36: Also, ist es eine Kritik an dem ja durchaus angefochten Begriff Erinnerungskultur oder ist es eine Kritik an der Erinnerungskultur in Deutschland?
00:06:46: Eigentlich habe ich vor allem sehr, sehr spontanen Namen gebraucht, als ich mein erstes Video hochgeladen habe.
00:06:51: Und dann habe ich mich an der Podcast-Folge erinnert, die ich da ein paar Tage vorher gehört habe.
00:06:55: Und in der hat Jens Christian Wagner, der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald-Mittel-Baudora, darüber gesprochen, dass Erinnern in dem Kontext eigentlich ein falsches Wort ist, weil man sich nur was erinnern kann, was man persönlich erlebt hat.
00:07:05: Und das trifft ja von uns alle in die ganze Zeit nicht mehr zu.
00:07:08: Und er hat eben, glaube ich, ich weiß gar nicht, welchen Begriff er bevorzugt hat, aber er hat es nur halt so kritisiert.
00:07:13: Und ich fahre da zu irgendwelchen ganz interessanten Gedanken, dann ist ja auch Erinnerungskultur eigentlich nicht sehr... ganz richtiger Begriff für unsere Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit.
00:07:19: Und dann war der Name irgendwann keine Innerungskultur.
00:07:22: Und ja, seitdem erkläre ich es ja oft, was der bedeutet.
00:07:24: Aber ich finde diesen Begriff okay, also es ist nicht so, weil es auch ganz viele Leute dann irgendwie immer bei Veranstaltungen sagen, Erinnerungskultur, falsches Begriff total in Ordnung.
00:07:33: Aber ich finde es auch einen guten Gedanken zu sagen, wir haben jetzt eine ganz andere Auseinandersetzung ohne Überlebende, ohne Zeitzeuginnen.
00:07:40: Vielleicht kann man dafür auch andere Worte verwenden.
00:07:41: Und Gedenkarbeit, finde ich, ist eigentlich ein ganz guter Begriff, weil da eben auch so dieses Arbeit zeigt auch, dass wir da jetzt aktiv sind, wenn es eben überlebende nicht mehr sein können.
00:07:50: Ja, das kann ja auch ein Work-and-Progress sein.
00:07:52: Genau.
00:07:53: Das kann man ja auch gemeinsam vielleicht ausmachen.
00:07:55: Würdest du sagen, ganz simpel runtergebrochen, dass dein Ziel ist sozusagen den Zugang zur Vergegenwärtigung der Schoah und der NS-Verbrechen?
00:08:05: jungen Menschen näherzubringen.
00:08:06: Also ist das, wo ich den Ziel mit jungen Menschen zu kommunizieren?
00:08:08: Ja, voll.
00:08:08: Und ich glaube vor allem auch Menschen, die von sich aus vielleicht sagen würden, sie haben gar kein Interesse an dem Thema, sind nicht geschichtsinteressiert und das sie dann eben doch merken.
00:08:15: Doch sind sie schon, wenn es eben auf eine andere Art, auf einem anderen Kanal, in einer anderen Sprache von einer anderen Person erzählt wird, als sie es vielleicht sonst so gewohnt sind im Kontext Schule oder auch im Kontext Netflix-Dokumentation.
00:08:26: Ich habe gelesen, dass du zu dem Thema gekommen bist.
00:08:29: Ich glaube, du machst die Videos jetzt für den Jahr zwanzig, also auch schon fünf Jahre.
00:08:33: dass du zu dem Thema gekommen bist über das KZ Außenlager Mühldorf, weil das bei dir in deiner Heimat ist.
00:08:38: Was hast du für ein Verhältnis heute zu dem?
00:08:40: Zu dem Ort?
00:08:41: Genau, der ist so zwanzig Kilometer entfernt von dem, wo ich aufgewachsen bin und meine Eltern immer noch wohnen und auch zur Schule gegangen bin, aber hat da halt nie eine Rolle gespielt.
00:08:48: Und meine Eltern waren sogar mit mir zum ersten Mal vor fünf Jahren an dem Ort.
00:08:51: Also auch für die, wo die da ja ganzes Leben lang wohnen, hat der Ort eigentlich nie eine große Rolle gespielt, ist aber glaube ich auch sehr exemplarisch für alle Außenlager oder sonstige Tatorte, die eben nicht so große Stammlager sind wie Buchenwald, Dachau und so weiter.
00:09:03: Also dass man das einfach nicht weiß, ja lange.
00:09:06: Ja, also mittlerweile am Anfang habe ich ja wirklich nur über diese Ort recherchiert und Videos gemacht oder erst auch keine Videos, bis ich mir Gesicht gezeigt habe, war schon auch so eineinhalb Jahre, fange eher so zu Grafiken mit Dokumenten.
00:09:19: Ich mache jetzt ja mittlerweile auch ganz andere Themen, andere Orte, andere Opfergruppen, aber klar hat dieser Ort für mich immer also eine große Bedeutung, weil das war für mich einfach so der Aha-Moment, diesen Ort dann im Kontext von Massenmord und Judenvernichtung kennenzulernen, auf Originaldokumenten diesen Ortsnamen auf einer Seite zu lesen mit Auschwitz, Überlebende, die ihn erwähnt haben.
00:09:38: wie mit ihrem englischen Akzent oder so.
00:09:40: Also das hat da schon was mit mir gemacht zu merken.
00:09:43: Eier klar, das ist halt nicht in der Komfortzone von einem anderen Land passiert, in der Komfortzone von Massentourismus und einer anderen Geschichtsvermittlung, sondern vor meiner eigenen Haustür und habe meine Lebenswelt an ganz vielen Orten berührt, was ich mir einfach vorher gar nicht so bewusst gemacht
00:09:58: habe.
00:09:59: Kannst du kurz zusammenfassen, was da passiert ist, also was der Ort genau war während des Essens?
00:10:04: Genau, also ab Sommer- Das war ein Auslager von Dachau, auch eines der größten.
00:10:09: Ich gab es zweitgrößte.
00:10:11: Und ungefähr achttausend Häftlinger mussten durchlaufen, vor allem ungerischer Juden, auch ein kleiner aus Frauen lager.
00:10:17: Und die Häftlinge sind dahin verschleppt worden, weil es ja Plan der Nazis war, da so eine unterirdische Flugzeugfabrik zu bauen.
00:10:23: Weil eben die Alliierten haben immer mehr so die Stützpunkte angegriffen und dann wollte man quasi eine eigene Fabrik unterirdisch haben, weil die dann geschützt gewesen wäre vor solchen Angriffen.
00:10:31: Und in Mühldorf ist das so ein großes Waldgebiet.
00:10:33: Und da wäre das eben reingekommen, auch noch so um sich zu tarnen, so in diesem Waldgebiet.
00:10:37: Und genau, die mussten dann da im schwere Zwangsarbeit verrichten und hatten da dann auch, kann man statistisch sagen, eine Lebenserwartung von so achtzig Tagen, wenn sie da eingeteilt waren, weil es natürlich mega schwer körperliche Arbeit, man spricht davon, der unterirdischen Flugzeugfabrik, also man baut so einen riesengroßen Tunnel und darunter in den Stockwerken quasi gibt es halt dann dann Produktionenstätten.
00:10:57: Genau.
00:10:58: Wahnsinn.
00:10:59: Viertausend Menschen haben es auch nicht überlegt, eben also auch so die Hälfte ungefähr.
00:11:02: Und ja, wie gesagt, der Krieg war dann vorbei, dann hat man das halt so abgetragen, Baumaterial irgendwie verwendet für sich selber.
00:11:09: Und dann hat das ganz lange als überhaupt keine Rolle gespielt.
00:11:11: Und auch heute, es gibt da super krass engagierte Ehrenamtliche wie überall, aber auch eher so ältere Geschichtslehrkräfte zum Beispiel.
00:11:18: Aber das ist jetzt so.
00:11:19: Common Knowledge ist und da gehen alle Schulklassen hin, ist halt noch längst nicht so auf jeden Fall.
00:11:24: Du hast gesagt, dass ich glaube ich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, bist du auf den Ort oder auf die Bedeutung des Orts auch erst nach deiner Zeit da, also als du schmeckezogen warst, aufmerksam geworden.
00:11:33: Verräte das auch was ein bisschen wie du vorgehst bei deiner Arbeit?
00:11:36: Also wenn du die Videos machst, wie gehst du dann vor?
00:11:38: Wie näherst du dich in Ordnung an?
00:11:40: Das war ja wahrscheinlich dann eine digitale Auseinandersetzung mit dem Ort.
00:11:44: Und ist das quasi dann auch der erste Schritt, wie du dich bestimmten Themen näherst?
00:11:47: Oder wie gehst du vor?
00:11:48: Genau, also meine Recherche findet ja vollkommen online eigentlich statt, in Online-Archiven.
00:11:52: Und das, glaube ich, ist auch so eine Vorstellung, mit der ich gerne breche, dass es so bedeutet, dass man in Archive geht und da eigentlich staubige Dokumente und Bücher durchblättert, sondern das ist wirklich alles digital.
00:12:01: Man braucht nur seinen Laptop-Internet und halt dann die entsprechenden Seiten und gibt das dann teilweise da wirklich einig bei Google.
00:12:07: Und es ist, manche sind besser erschlossen und einfach zu verstehen als andere.
00:12:12: Aber genau das ist eigentlich immer, wie meine Recherche anfängt und ich näher mich dann so an, indem ich halt verschiedene Perspektiven kombiniere.
00:12:17: Auf der einen Seite Dokumente, die auch von Täterperspektiven verfasst wurden, also von den Nazis, von der SS, auf der anderen Seite aber Interviews von Überlebenden, die sich dazu äußern aus ihrer Perspektive als verfolgte.
00:12:28: Und dann im besten Fall gibt es halt irgendwie auch noch eine Auseinandersetzung aus der wissenschaftlichen Perspektive aus der Nachwuchszeit, wo dann irgendwie Forschende irgendwas dazu geschrieben haben und so.
00:12:36: Und dann baub man sich das so zusammen, damit man eben im besten Fall Also ein Rundumblick hat immer auch so mehrere Quellen dasselbe bestätigen, weil das natürlich bei meinem Thema sehr wichtig, dass man irgendwie verlässlich ist und dass man seine Quellen offenlegen kann, wenn jemand nachfragt und dass ich mich da jetzt nicht, weil das passiert halt leider schon auch andere machen ja auch solche Videos, aber dann ist es ganz oft so based eines Wikipedia-Artikels oder so.
00:12:57: Und da will ich schon schauen, dass das so ein bisschen tiefer geht und man Leuten auch dann schon durch das Video und die Quelleneinbindung in das Gefühl gibt, hier ist hier eine Info, auf die ich mich verlassen kann.
00:13:08: dass du auch mal Führung gemacht hast durch das KZ.
00:13:11: Würdest du sagen, dass die Auseinandersetzung mit dieser Zeit tendenziell was ist, was rein digital stattfinden kann oder braucht es im Prinzip auch diese analoge Begegnung, diese Orte?
00:13:21: Hm, gute Frage.
00:13:23: Also ich glaube an sich... die Orte, die sind schon sehr, sehr wichtig.
00:13:27: Aber ich glaube auch, dass wir denen schon eine sehr große Bedeutung zumessen.
00:13:29: Da sieht man ja gerade an der Diskussion, so ist es Pflicht, Gedenkstätten zu besuchen in der Schule und so.
00:13:34: Und da denke ich zum Beispiel eher nein.
00:13:36: Wenn das gerade so ein Zwang hat, dann bringt das, glaube ich, gar nix, eher vielleicht noch mehr ab, Lähnung von dem Thema.
00:13:41: Aber... Trotzdem, ich glaube, gerade wenn du halt wirklich nur mit dem Fahrrad fünfzehn Minuten fährst und bist an so einem Ort und da siehst du dann Spuren und die sind eben nicht so, wie man sich eine Kassettgedenksstätte vorstellt mit irgendwie frostigen Stacheldrahtzaun und ehemaligen Barakken, sondern das sind dann in meinem Fall bei diesem ehemaligen Lager nur so Mulden im Boden.
00:13:59: und dann bekommst du irgendwie erklärt, dass da so eigentlich das sind die Löcher, wo mal Stacheldrahtzaun befestigt war und so.
00:14:06: Man sieht Spuren, aber man muss sich die selber erklären und erarbeiten und ich glaube, das ist schon sehr, sehr wirkungsvoll.
00:14:12: einen Ort wirklich so anzunähern, indem man ihn auch betritt.
00:14:15: Also ja, ich glaube ja und nein, aber wahrscheinlich fokuss eher auf so kleinere Gedenkorte und nicht mehr diese großen Orte des Mastetourismus, einfach wie so eine Gedenkstätte in Auschwitz und auch anderer Stammlager.
00:14:26: Ja,
00:14:27: ich erinnere mich gut.
00:14:27: Ich habe ehrlich gesagt eine wirkliche Sensibilität für das Thema erst gewonnen, tatsächlich durch die Schule und es lag viel an unserer Lehrerin einfach sehr gut war.
00:14:35: Das ist wahrscheinlich eine Geschichte, die viele Leute erzählen über das Thema.
00:14:37: Das ist immer von den Lehrkräften abhängen.
00:14:40: Jetzt ist es aber so, dass wir im Abiturjahrgang war man dann vielleicht auch in der Lage dazu, sich freiwillig dem Thema zu öffnen und nicht eben durch Zwang nicht durch die Schule.
00:14:50: Ich erinnere mich sehr gut an einen Besuch im jüdischen Museum in Berlin, wo ich so überwältigt war von den Gefühlen, auch die man da erlebt.
00:14:57: Das ist ja im Prinzip ein sekundärer Ort, also das ist ja kein primäres Erlebnis.
00:15:01: Kein
00:15:01: Tatort so.
00:15:02: Genau,
00:15:02: kein Tatort, sondern ist ein sekundärer Ort.
00:15:05: Aber für mich im Nachhinein war dann schon ausschlaggebend.
00:15:09: zu denken, naja, ich musste mich dafür erst mal öffnen.
00:15:11: Und wenn ich als ich zehn war oder als ich zwölf war oder vierzehn war, war ich das vielleicht gar nicht in der Lage oder war vielleicht nicht in der Lage, das zu begreifen, welcher Ausmaße das Ganze hat.
00:15:19: Jetzt frage ich mich so ein bisschen, die schulische Auseinandersetzung damit haben viele wahrscheinlich noch vor Augen und auch das Schulsystem allgemein einfach Fehler hat, wissen viele.
00:15:31: Aber was denkst du konkret?
00:15:33: Wie ist die Auseinandersetzung von... Schule oder von Kindern in der Schule mit dem Nationalsystem.
00:15:41: Was erlebst du da?
00:15:42: Ja, also... Ich kann mich da auch nur noch sehr wager, meine eigene Schulzeit erinnern.
00:15:47: Aber wenn ich jetzt so mitbekomme, was nie Leute auch schreiben, verstehe ich auch, dass da halt ganz viele auch so Gruppendynamik dabei sind, gerade irgendwie so an Gedenkstätten besuchen.
00:15:57: Wie guckst du?
00:15:58: Wie guckst du auf dein eigenes Gesichtsausdruck, wenn du mit deiner Schulklasse ein E-Mailiges Krimaturium betrittst?
00:16:03: Und wie reagierst du?
00:16:05: Also kann ich mein Handy rausholen, wenn ich in der Gedenkstätte bin?
00:16:08: Das sind so viele so unausgesprochene Fragen und Regeln, denen man sich erst mal konfrontiert sieht.
00:16:13: glaube ich jung ist, also stelle ich mir zumindest jetzt im Nachgang auch noch mal so vor.
00:16:17: Und man hat Angst, was falsch zu machen, falsche Fragen zu stellen.
00:16:20: Und da ist halt der digitale Raum wirklich super dafür geeignet.
00:16:22: Also ich finde, das ist das Schönste zu merken, wenn junge Leute mir irgendwie Fragen stellen auf TikTok, die teilweise auch echt schon zeigen, dass halt da Defizite da sind.
00:16:30: Also ich erinnere mich an eine Frage, da meinte eine Person, hey krass, also sie sind nicht nur deutsche Juden und Jüdinnen verschleppt worden, weil ich halt über eine, ich glaube ukrainische Juden gesprochen habe, die verschleppt wurde von den Nazis.
00:16:40: Und dachte ich mir so, krass.
00:16:41: Aber das kommt halt auch irgendwo her, dass Menschen denken, es gab in jedem Lager eine Gaskammer oder so.
00:16:46: Das ist einfach durch diese ganzen Erzählungen und Filme und so.
00:16:49: Man steht halt so ein Bild und ich glaube, dass man dann, wenn man damit konfrontiert wird, hier sieht es ganz anders aus.
00:16:55: Es ist erst mal so ein Moment, der einen verunsichert und dann vor Naliya Kraft zu stehen und vor seinen ganzen Mitschlerinnen.
00:17:00: Das kann einfach, glaube ich, schon auch ein bisschen Überforderung sein.
00:17:03: Und dann ist es schon gut, wenn man das nicht in diesem Pflichtkassett, sondern eben vielleicht mit seinen Eltern oder danach, wie jetzt bei dir, dann wenn man schon ein bisschen älter ist, das noch beim Schulkontext nachholt oder halt zu Hause abends im Bett auf seiner VU-Page.
00:17:16: Deswegen, das hat schon auf jeden Fall auch seine Vorteile, da in diesem intimen Kontext von so einem Smartphone dann mit dem Thema konfrontiert zu werden.
00:17:23: Denn ist der Algorithmus im Prinzip dein bester Freund in dem Moment?
00:17:26: Ich finde auch, also natürlich kann man über den viel sagen und es ist bestimmt, wäre es mit anderen Themen einfacher.
00:17:33: viral zu gehen, wenn man das unbedingt möchte.
00:17:35: Aber an sich ist das schon gerade für diese Themen, die erst mal nicht so sexy sind für viele Leute.
00:17:40: Die werden nie danach suchen, die werden nie in ihre Leiste Holocaust eingeben oder eine Gedenkstätte folgen vielleicht sogar.
00:17:46: Aber die bekommen mal eine Videos angezeigt und vielleicht beim achten neunten Mal sagen sie, okay, das interessiert mich jetzt dieser Einstieg und dann gucken sie sich das an und merken sie haben doch mehr Interesse oder auch sind gerade an dem Punkt, wo sie dafür so bereit sind.
00:17:57: Da braucht man ja auch schon so ein bisschen vielleicht eine mentale Verfassung gerade sagen wir mal oder es gibt welche, indem man es halt sich nicht angucken will.
00:18:03: Deswegen, ja, ich sehe die Kritik an so Algorithmen und Filterblasen und so weiter.
00:18:08: Aber für solche Themen, wenn man dann seine Videos irgendwie gut, so der Digitalität anpasst von so Plattformen, hat man echt eine gute Chance, hat auch Leute zu erreichen, die man sonst nicht erreichen würde.
00:18:19: Ja, das stimmt definitiv.
00:18:23: Aber nichtsdestotrotz ist natürlich der erste Zugang zu dem Thema wahrscheinlich über die Schule.
00:18:28: Und jetzt sagst du ja auch, Man lernt bei dir das, was die Zuschauer in garantiert nicht in der Schule lernen.
00:18:33: Warum denkst du, dass sie es garantiert nicht in der Schule lernen?
00:18:36: Das ist auch nicht nur Kritik an der Schule, weil ich meine, die können einfach nicht alles da vermitteln.
00:18:40: Und das sind ja auch oft super, ich sage mal, nischige Themen, wo ich jetzt auch nicht bei allen Themen sagen würde, das ist unbedingt notwendig, um dieses Thema zu verstehen.
00:18:48: Aber ja, das sind Themen, die schon noch andere Perspektiven zeigen.
00:18:52: Zum Beispiel, ich habe mir so den bayerischen Lehrplan, Geschichte neunte Klasse Gymnasium angeschaut und da geht es halt um das Thema.
00:18:58: den Themenblock Widerstand und es heißt dann noch Weiserose, Stauffenberg, U-Punkt A-Punkt und andere.
00:19:04: Und die fragen mich wirklich, was das bedeuten soll, U-Punkt A-Punkt, also was wird da noch behandelt?
00:19:08: Weil es gäbe ja schon auch andere Widerstandsgeschichten eben.
00:19:10: Und das ist dann zum Beispiel ein Thema, was ich viel behandle.
00:19:13: Widerstand von Verfolgten, Widerstand oder ich sage mal so Alltag-Solidarität und nicht Widerstand.
00:19:17: Also was hat es so für Möglichkeiten gegeben, irgendwie solidarisch zu sein, ohne dass man dafür gleich hingerichtet wurde, sondern da gibt es ja auch viele Beispiele.
00:19:24: Genau das ist glaube ich, zeigt es ganz gut so, dass es vielleicht nicht... Also meine Videos sind nie Ersatz für die Schule und auch kein Gedenkstättenbesuch, kein Museumsbesuch, aber können das halt zu ergänzen und vielleicht neue Perspektiven einbringen, über die man bisher noch nicht nachgedacht hat und die mir wichtig sind und wo ich es auch gefühlt zu habe und die ich im besten Fall irgendwie auch noch irgendwie mit transportiere und auf die Tränenröse drücken zu müssen.
00:19:44: Ich glaube, es sind natürlich meistens dann kleine, detaillierte Geschichten, die im Zweifel ja doof gesagt hinten überkippen, die aber eigentlich stellvertretend stehen für eine ganz große Sache.
00:19:56: Im Zweifel gewinnt man dann dadurch den Zugang zum Thema.
00:20:00: Zugang zum Thema ist eigentlich auch das Stichwort für den nächsten Punkt, weil NS-Vergangenheit auf Social Media ist eigentlich fast schon zum Werkzeug geworden von vielen extremen Kräften und Geschichte allgemein ist immer schon ein Werkzeug gewesen durch Verkürzung, durch Revisionismus, einfach extreme Kräfte, die Geschichten anders erzählen, falsch erzählen, Fakten verdrehen.
00:20:21: Ich frag mich halt, es ist de facto ja so, dass sie offensichtlich damit bei jungen Leuten Punkten.
00:20:28: Und ich frag mich oder ich frag dich, was du denkst, woran das liegt.
00:20:32: Warum machen extreme Kräfte?
00:20:34: Warum machen rechte Kräfte mit ihrem Revisonismus, das sozusagen in großem Anführungszeichen besser junge Menschen zu erreichen und zu binden?
00:20:42: Ich glaube, weil Ihre Erzählungen sehr bequem sind, wenn ich jetzt so an diesem Maximilien grad denke, der hat ja dann so ein Video gemacht, das unsere, was hat er gesagt, eure Großeltern waren irgendwie Helden oder so.
00:20:53: Und das ist natürlich eine einfacher und schönere Erzählung, als wenn ich jetzt ein Video mache und sage, deine Großeltern waren Täter und Täterinnen.
00:20:59: Deswegen, ich kann es schon verstehen, dass da spricht einfach der Wunsch draus, dass man sich nicht belasten will, seine Angehörigen nicht belasten will.
00:21:05: Und das ist auch so, was ich jetzt zumindest subjektiv aus meinen Künstlerkommentaren so mir rauslese, dass jüngere Menschen das nicht so stark haben, weil dann greift man eben nicht deren Ur-Opa an, sondern noch eine Generation später, die für die gar keine Rolle spielt, so in ihrem Aufwachsen.
00:21:19: Aber das gerade auf Instagram, wo ich ja auch Videos veröffentliche, da ganz oft so der erste Impuls ist von Nutzerinnen, die gerade ein bisschen älter sind, also auch so, würde ich mal sagen, forty-fünf Jahre, die eher dann sofort so diese Ablehenderhaltung einnehmen und sagen, hey, was, nein, die mussten mitmachen.
00:21:34: Also das ist schon, ich hoffe auch, was, was irgendwie weniger wird jetzt dann in den nächsten Jahrzehnten, wenn dann einfach so viel Zeit vergangen ist, dass man dann auch keine Rührungsängste hat, über Täterschaft und eine eigene Familie irgendwie so klar zu sprechen und die so klar zu benennen.
00:21:46: Und ich meine, das ist auch gesagt, die machen das irgendwie besser, so jetzt eben rechte Kräfte.
00:21:51: Man muss ja sagen, die nutzen halt einfach so Medien wirklich besser.
00:21:54: Und morgen bei dem Tor geht es ja auch um Medienkompetenz.
00:21:57: Und das heißt aber ja nicht nur, dass wir Nutzerinnen bessere Medienkompetenz brauchen, zu erkennen, was ist falsche Information, was ist revisionistisch, sondern ich finde, das heißt auch, dass Institutionen eigentlich auch mehr Medienkompetenz brauchen, wie man solche Inhalte erstellt.
00:22:08: Weil an sich ist das wirklich kein Hengstenwerk.
00:22:10: Und was die machen, das könnte wirklich auch jeder, der irgendwie eine halbwegs geschulte Person an der Seite hat und sich einfach ein bisschen Zeit natürlich dafür nimmt und Ressourcen hat.
00:22:18: Aber das vermisst sich halt wirklich sehr, dass man irgendwie immer über diese Inhalte spricht und sagt, das ist so schlimm.
00:22:24: Und man drosselt dann künstlich Maximilian gerade die Reichweite, was ja wirklich krasser Eingriff eigentlich ist.
00:22:29: Und ja, die AfD radikalisiert unsere Jugend auf TikTok, aber man setzt ihn wirklich gar nichts entgegen, was ernst zu nehmen ist und langfristig ist.
00:22:36: Weil jetzt zum Wahlkampf waren so ein paar gute Momente dabei.
00:22:39: jetzt gerade ist eigentlich schon wieder komplett brach und das finde ich dann schon auch ein bisschen schade und kann ich auch nicht richtig ernst nehmen, wenn das dann, wenn man gar nicht versucht, irgendwie ernst zu nehmen, gute auf Augenhöhe produzierte Inhalte macht.
00:22:52: Du warst gerade bei deiner Kommentarspalte.
00:22:54: Ich kann mir vorstellen, dass da eine Menge los ist.
00:22:58: Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber bei mir wurde in letzter Zeit immer wieder in meine Timeline, weißt du schon, mir dir egal, ob es jetzt vor allem bei Instagram war, ehrlich gesagt, der Fall wirklich cruder, Merkwürdiger Kram eingespielt in Richtung, dass man ein Bild von Hitler in eine ganz normale Werbung reingeschnitten hat.
00:23:16: Also wirklich von einem Unternehmen, einfach nur um Ragebait oder um Clickbait irgendwie zu kriegen.
00:23:22: Dann feiert gerade Yay oder Kanye West mit seinem Song einen mega großen Hype irgendwie.
00:23:30: minimisiert, doof gesagt oder man macht diese ganze Auseinandersetzung damit so zum Gag.
00:23:37: Da frage ich mich doch eigentlich müsste das doch, also das ist ja was, was man mit Medienkompetenz von Unternehmen oder von Institutionen schwer wegkriegt.
00:23:46: Also diese Wahrnehmung von der NS-Zeit als Gag ganz doof gesagt.
00:23:52: Ist das was, was dir begegnet in deinen Kommentaren oder in dem, wie damit umgegangen wird?
00:23:56: Ja, auf jeden Fall.
00:23:57: Es gab da ja auch so, jetzt vor kurzem auch diese KI-Trends, POV, You Wake Up in, ne?
00:24:03: Und dann gab's ja You Wake Up in so ancient
00:24:06: Items.
00:24:06: Ancient Rome, ja.
00:24:07: Genau.
00:24:07: Oder halt auch, du warst Nineteen, einundvierzig in Auschwitz auf, oder so, ne?
00:24:11: Auch das gab's und das waren natürlich auch komplett bescheuerte Videos.
00:24:14: Aber ich bin dann auch immer so ein bisschen in den Hergerissen, weil natürlich ist es fachlich und wissenschaftlich komplett bescheuert und was da gezeigt wird, dann spricht wirklich nullkonelle Realität.
00:24:21: Aber es führt halt dazu, dass sich auch andere Menschen dafür interessieren, so, ne?
00:24:24: jüngere Menschen dafür interessieren.
00:24:26: Deswegen, ich glaube, da muss man so ein bisschen arrogant auch ablegen und sagen, oh mein Gott, mich irritiert das komplett.
00:24:32: Aber junge Menschen spricht es vielleicht an und man kann das vielleicht sogar nutzen.
00:24:36: Und ich finde, diese ganzen KI-Darstellungen gibt es ja auch von Anne Frank, die erzählt dann als KI-generiertes Figur dann ihre Geschichte und so.
00:24:45: Ich finde das voll interessant mal, wenn das jemand macht, der wirklich eine Recherche dahinter steckt, wo man vielleicht sogar irgendwie schafft, das Quellen zu implementieren und so.
00:24:54: Gab es dich
00:24:54: bei diesem Instagram-Account so viel Scholl, war das nicht so in die Richtung?
00:24:59: Nee.
00:25:00: Also mir hat es auch nicht so gut gefallen, muss ich ganz ehrlich sagen.
00:25:03: Ja,
00:25:03: das ist ein gutes Beispiel für gut gedacht, aber das war ja sogar von der ganzen Machtart wieder so.
00:25:10: Tatortpublikum.
00:25:11: Ja, stimmt.
00:25:12: Also da war eine Schauspielerin, die sieht aus wie vom Tatort.
00:25:15: Wenn wir
00:25:17: jetzt nachgucken, würde Herzen wahrscheinlich im Tatort schon mitbespült
00:25:19: werden.
00:25:19: Ja, kann gut sein und gut für sie, aber ich weiß nicht.
00:25:23: Das sieht man ja, finde ich, auch an den Kommentaren und ich glaube, es haben sie ja selber auch veröffentlicht, die Zahlen zu ihren Altersgruppen.
00:25:29: Das ist jetzt nicht unbedingt die jungen Menschen angesprochen hat, aber das ist ja auch okay.
00:25:33: Aber ja, was ich sagen will, ist, glaube man, was du natürlich erwähnt hast mit so Kanye West und so, da braucht man nicht drüber reden, dass das jetzt irgendwie junge Leute dann zu dem Thema hinführt.
00:25:40: Aber trotzdem glaube ich, dass man schon so ein bisschen seine Berührungsängste verlieren muss zu allem, was halt weil jetzt so Trends ist auf TikTok.
00:25:47: Vielleicht kann man dann das ja auch für sich gut nutzen und so eine KI-PoV-Challenge machen, die ... Ich hab's auch aufgegriffen im Video, ne?
00:25:56: Und hab dann halt versucht, so den Alltag von Heflingen im Lager durch überlebenden Zitate und so zu beschreiben.
00:26:03: Vielleicht würde man das auch schaffen in dieser Darstellungsform, die halt sehr Fake-News durchzogen ist und das aber irgendwie auf eine gut durchdachte, recherchierte Form präsentieren.
00:26:13: Ich glaub, das muss möglich sein und da muss man, glaube ich, so ein bisschen berühmungsängster verlieren.
00:26:17: Interessant.
00:26:18: Du besorgst grad eigentlich dafür, dass ich mich mit dreißig fühle wie der letzte Boomer, weil ich immer das sozusagen negativ betrachte.
00:26:26: Es war auch für mich so ein ... Ich war eigentlich nie Trends oder so, aber es gab vor einem Jahr so den Trend auf TikTok, dass Leute ein Video, ein Song genommen haben von dieser Sängerin, iLiver, heißt sie.
00:26:38: Also, er hat riesengroße Konzerte gespielt und der hat einen Song, der heißt Überlebt.
00:26:42: Und ich weiß nicht, wie es kam, es war Trends oft so.
00:26:45: Es haben Leute angefangen, diesen Song zu nutzen als Sound für Videos, und dann haben sie ihre Gedenkstättenbesuche damit quasi gepostet.
00:26:51: Ohne Kommentar meistens, einfach nur diesen Song.
00:26:53: dann halt so Videos von ihrem Besuch in Buchenwald oder so.
00:26:57: Und das war, wie diese Videos sind, krass wie reingegangen.
00:26:59: Die hatten wirklich Millionen Reichweiten und super viele Leute, die fragten gestellt haben, was sieht man da, was sieht man da, erklär mal das.
00:27:05: Ich habe es dann auch gemacht, auch mal wieder über eine Million Aufrufe bekommen mit diesem Sound.
00:27:09: Und ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man vielleicht erst mal so misstrauisch sein kann.
00:27:14: Das passt der Song, die Zitate der Text, passt jetzt auch nicht so hundert Prozent zum Thema.
00:27:19: Aber für eine andere Zielgruppe, die nicht unser Alter ist, ist es halt irgendwie, bedeutet das was?
00:27:24: Und die haben sofort die Connection zu dem Thema und sind dann vielleicht erst mal interessiert.
00:27:28: Und darum kann man auch gut nutzen.
00:27:31: Super, super interessante Perspektive, ja.
00:27:33: bringt mich auch zu dem Punkt, in dem Podcast oder in der Staffel des Podcasts geht es auch um dieses Thema Generation, Altersunterschied und eben auch die Vorurteile letztlich, mit denen wir uns so auseinandersetzen müssen.
00:27:46: Ich glaube, das ist kein Vorurteil unbedingt, aber ich glaube, wenn man jetzt auf die Aufarbeitung der NS-Zeit und das Holocaust blickt, dann gibt es die Tätergeneration, dann gibt es die Generation, die darüber schweigt, dann gibt es die Generation, die anfängt, das aufzuarbeiten, zwanzig, dreißig Jahre nach dem Krieg teilweise.
00:28:00: Und dann kommt die vierte Generation irgendwann, vielleicht die fünfte Generation.
00:28:03: Das sind wir und die, die jetzt in der Generation Alpha sind oder die jünger sind als wir, die eben keinen Bezug direkt dazu haben und die im Prinzip ja irgendwie auch von diesem Konflikt der Generation ausgenommen sind.
00:28:18: Also dieser Konflikt, dass man sagt, hey, rede darüber, ihr habt das Tod geschwiegen.
00:28:24: Jetzt sagst du selbst, dass in deinen Kommentaren die kritischen Dinge oder die Nachfragen kommen oder wo man es auf sich selbst bezieht, vor allem von älteren Leuten kommen, ältere mit großen Klammern.
00:28:33: Ist es so, dass eine junge Generation dem Thema offener gegenübersteht?
00:28:36: Hast du den Eindruck?
00:28:38: Es ist erst mal ein Eindruck, aber klar, das sind bestimmt Leute, die bei mir eher kommentieren.
00:28:41: Deswegen, es gibt da genauso viele Leute, die das auch schon für sich so angenommen haben, dass es einfach reicht.
00:28:47: und warum müssen wir darüber sprechen und so.
00:28:50: Aber ich glaube, dass es auch die Chance hat, dass man vielleicht mal andere Perspektiven bespricht und dann merken sie schon, dass es sie interessiert, weil halt nun mal auch die Welt jetzt nicht mehr so ist, wie sie vor fünfzig Jahren war, ne?
00:28:59: Und so eine Schulklasse ist viel diverser und so Themen wie Queerness spielen jetzt eine Rolle oder auch feministische Perspektiven.
00:29:06: Und diese Perspektiven gibt es auch.
00:29:07: alle im Thema Aufklärung Holocaust.
00:29:09: Und dann weiß ich aber auch, es gibt da viele Stimmen, die sagen, ja, warum muss man mit feministischer Brille auf dieses Thema gucken?
00:29:16: Das ist ja wirklich gar, das ist evoke.
00:29:17: Und das muss man nicht.
00:29:18: Aber es gibt schon auch eine Daseinsberechtigung dafür, zu gucken, wie war das eben Situation für Weibchen verfolgte?
00:29:22: Weil eine andere, weil sie ... Zwangsabtreibungen machen mussten, weil sie ihre Kinder weggenommen haben.
00:29:31: Sie wurden mit ihren Kindern verkeist, sie wurden vergewaltigt und so weiter.
00:29:34: Da gibt es schon ganz viele Beispiele, wo das ihnen Sinn macht und ich glaube, dass man da einfach neue Perspektiven finden kann und muss und dann junge Menschen darüber vielleicht auch ihren Zugang finden.
00:29:46: Stichwort Generation, die Generation der Überlebenden, also der Opfer und die Generation der Täter ist so gut wie verstorben.
00:29:55: Und ich weiß nicht, wie es dir ging, aber mir persönlich war so das als bekannt war, dass Margot Friedl immer tot ist.
00:30:02: Ohne dass ich das, also natürlich war sie mir extrem präsent und immer sehr präsent, aber ich darüber hinaus hatte ich jetzt keinen expliziten Bezug zu ihr.
00:30:10: Aber in der Sekunde, als ich das gelesen habe, hat es mich tierisch gegriffen, weil ich dachte, das ist so eine Last, die ist eine starke Stimme, eine sehr hörbare Stimme und in der Sekunde, wo sie weg war.
00:30:19: habe ich so eine Art von Verantwortung gefühlt.
00:30:20: Jetzt ist man quasi alleine.
00:30:22: Und ich weiß, dass du auch über sie ein Video gemacht hast und dass man sich eigentlich öffentlich viel zu wenig mit ihrem Leben beschäftigt hat.
00:30:27: Aber grundsätzlich beschäftigst du ja auch viel mit den Überlebenden, mit den Opfern und den Zeitzeugenden.
00:30:34: Und wie ging dir das, als du das erfahren hast?
00:30:37: Also hat es für dich eine besondere Rolle gehabt?
00:30:40: Ja.
00:30:40: Ich glaube schon, aber auch, dass so für sie steht.
00:30:43: Viel, dass man dann, sie steht halt eben für diese letzte Generation und überleben, denn letzte gefühlt handvoll überlebender.
00:30:49: Und deswegen war es, glaube ich ... nicht nur auf sich als Person bezogen, sondern auch so krass.
00:30:54: Ja, das wird passieren.
00:30:55: Und wir werden das noch erleben, dass es keine Überlebenden mehr gibt.
00:30:58: Das doch das Gefühl hatte ich auf jeden Fall auch.
00:31:00: Aber gleichzeitig ist es halt dann schon, was dann kam und diese Zitate, die geteilt wurden und die Selfies mit ihr, die geteilt wurden.
00:31:07: Und ich finde schon, dass man, wenn man auch so die letzten Jahre schaut, wie da wurde sie ja auch immer viel so vor Kameras gezehrt.
00:31:13: Absolut.
00:31:14: Und ich will ihr nicht absprechen, dass sie das nicht auch wollte und auch ihre ihre Präsenz eingefordert hat, was richtig und wichtig ist.
00:31:21: Und was sie geleistet hat für die Erinnerungskultur ist wirklich der Wahnsinn.
00:31:24: Aber ich finde trotzdem, man merkt da halt auch wieder, dass unsere Erinnerungskultur und seine Gedenken schon sehr stark auch auf diesen Personen so gelastet hat.
00:31:31: Und wir haben so gesagt, so, es ist ein Gedenktag.
00:31:33: Was machen wir?
00:31:34: Wir laden eine Überlebende ein.
00:31:35: Und die wird das dann schon machen.
00:31:37: Und die wird uns mit dem, was sie sagt, schon irgendwie so in die richtige Spur bringen.
00:31:41: Und ich glaube, dann nur so traurig es ist, ist es aber auch eine Chance, sich dann mal selber zu überlegen, was man vielleicht dazu sagen kann, wenn dann keine überlegen.
00:31:50: denn mehr zu Gedenkveranstaltungen oder so eingeladen werden können, weil es keine mehr gibt.
00:31:55: Wird es so sagen, dass das ein Symbol ist für die Art und Weise, wie wir uns gewöhnt haben an Erinnerungskultur, also der Umgang mit Beispielsmeise-Margot-Finkende?
00:32:03: Ja, schon.
00:32:04: Und das Ding ist, wenn sie jetzt nicht mehr da ist, dann wird es halt trotzdem, und das sieht man ja jetzt schon, Politikerinnen geben, die zitieren sie halt dann einfach.
00:32:11: Das stößt mir schon immer so ein bisschen sauer Auffall.
00:32:13: Ich finde, das ist total legitim.
00:32:14: Und wie gesagt, diese Stimmen müssen verstärkt werden.
00:32:17: Aber das ist halt ganz oft, finde ich, so ein Aus.
00:32:19: um sich keine eigenen Worte einfallen zu lassen.
00:32:22: Und ich finde, das wäre schon auch mal hilfreich, auch wenn Politikerinnen einen Bundestag sprechen, dass sie es schaffen, auch ohne dass man dieselben zehn Floskeln und nie wieder, nie wieder ist jetzt und dann erinnert euch und dann noch fünf Zitate und dann tschüss.
00:32:36: Dann ist das das Gedenken in der Praxis und dass man da jetzt irgendwie schafft.
00:32:42: irgendwie wirkungsvoller Reform zu finden, wo man selber sich seine eigenen Gedanken einbringt.
00:32:46: Das könnte auch eine Chance sein, jetzt mal schauen.
00:32:49: Das würdest du dir wünschen, wie es funktionieren könnte?
00:32:52: Ja, also ich glaube, es braucht schon auch dieses Ritualisierte, das soll auf jeden Fall nicht verschwinden.
00:32:55: Das ist ja, ich meine, das sind auch immer Trauertage.
00:32:58: Deswegen braucht es diese rituellen Formen und dieses Thema Grenze ablegen und so ein Kerlstrand zu finden.
00:33:03: Das braucht es auf jeden Fall.
00:33:05: Aber es braucht zusätzlich einfach schon auch neue Formate und eben vor allem da so in diesen Politikerinnen reden.
00:33:11: Da würde ich mir schon wünschen, dass man entweder Platz macht für andere Perspektiven und sagt, warum muss denn der Bürgermeister da als immer eine Rede halten jedes Jahr?
00:33:19: Wieso laden wir nicht mal Urenkel ein von jüdischen Einwohnern des Ortes oder die jetzt irgendwie antifaschistische Arbeit machen in dem Ort oder jemanden, der in dem Verband von Cynthia und Roma sich engagiert?
00:33:34: Man könnte da ja auch erst mal schaffen, nicht immer dieselben fünf Politikerfloskeln in der Bühne zu geben.
00:33:40: sondern Menschen, die jetzt auch irgendwie aktiv gegen das vergessen und für das Erinnern einstehen.
00:33:46: Neue Formate, neue Leute und dass mehr Leute das Stimmen irgendwie da auch eine Rolle spielen und neue Worte damit auch irgendwie den Platz finden als nie wieder.
00:33:56: Welche Rolle spielen Überlebende oder Zeitzeuginnen, solange sie da sind?
00:34:02: Auch in deiner Arbeit.
00:34:03: Ich weiß, dass du dich damit auch sehr viel beschäftigt hast.
00:34:06: Du hast mit einigen gesprochen.
00:34:08: Ich habe auch gelesen, dass du sehr viel Kontakt hast mit anderen Institutionen.
00:34:14: Welche Auseinandersetzung hast du mit Überlebenden im Zeitsaal?
00:34:18: Also das Ding ist, ich habe jetzt noch nicht so viele getroffen.
00:34:20: Vielleicht eine Person, Renate Ars, intensiver.
00:34:24: Wir haben auch immer noch so Kontakt.
00:34:26: Aber ansonsten beschränkt sich das wirklich auf so ein, zwei öffentliche Veranstaltungen.
00:34:31: dabei war, aber das Ding ist, diese ganzen Interviews und was sie gesagt haben oder geschrieben haben, das bleibt ja da.
00:34:37: Also auch von der Margot Friedler, das Interview, was ich für mein Video verarbeitet habe, war irgendwie von malen, sieben und neunzig oder so.
00:34:43: Das ist fünf Stunden lang und sie spricht da wirklich sehr detailliert und das ist mir auch immer wichtig, sozusagen, das ist ja alles schon da und nur weil die Person nicht mehr am Leben ist, das, was sie schon mal gesagt hat und vielleicht auch gesagt hat zu dem Zeitpunkt, wo sie mental noch fitter war und körperlich fitter war, weil sie halt vielleicht da ja ist siebzig.
00:35:00: oder sechzig und nicht schon hundert.
00:35:02: Das bleibt irgendwie bestehen und deswegen diesen Material zu verarbeiten, weiter zu nutzen und damit auch die Geschichten zu erzählen hat, glaube ich, auch auf jeden Fall eine große Chance.
00:35:13: Aber das ist auch, dass niemand zärt dann lieber diese alten Personen wieder auf einer Bühne, dass sie zum hundertsten Mal dieselbe, runtergebrochene Geschichte ihres Traummaßes erzählen, obwohl es davon wirklich schon ganz viele Aufnahmen gibt.
00:35:23: Also da will ich den Umgang schon teilweise echt ein bisschen kritisch, weil auch gerade jetzt, ich bin auch gespannt, morgen ist ja auch noch mal überlebende hier, die darüber sprechen.
00:35:32: Und es wird bestimmt die Frage kommen nach der AfD, wie ist das jetzt für Sie in einem Land zu leben, wo die AfD so ... Und das ist wirklich nur, ich frage das und hoffe, dass Sie einen Satz sagen, den ich dann für ein Instagram-Zitatpost nutzen kann und der irgendwie sich gut als Headline eignet.
00:35:46: Und deswegen, ich bin sehr, sehr dankbar, dass es eben diese Archive gibt, wo tausende dieser Interviews, Verschlagworte teilweise transkribiert.
00:35:54: Also das ist wirklich eine krasse Archivschatz und der wird halt voll wenig genügend.
00:35:58: und stattdessen nutzt man diese Personen, die wollen das, wie gesagt, ganz bestimmt, aber sie hat sie halt bis zum letzten Tag so ins Rampenlicht und will sich was sagen, was dafür führt, dass wir uns besser fühlen und am besten noch wissen, wenn wir wählen in der nächsten Wahl oder nicht.
00:36:11: Ja, ja, ich meine, der Symbolismus ist halt was, was letztlich keine Aufklärung liefert.
00:36:17: Also... Man füllt damit ja etwas, wo viele Leute vielleicht gar kein Gefühl zu haben, mit etwas, was vermeintlich ein Gefühl hat.
00:36:23: Ich habe das irgendwo gelesen, dass du gesagt hast, Kranz niederlegen, Schindlers Liste Musik spielen lassen und
00:36:28: dann
00:36:29: ab nach Hause.
00:36:31: Man hat die Hausaufnahmen erfüllt.
00:36:34: Spannender Punkt.
00:36:35: Zum Abschluss würde mich interessieren, wie du dazu denkst, dass du auf einem Medium stattfindest und dass du ein Medium nutzt, was ... Einen Vorurteil extrem bedient, was es über junge Menschen gibt, was uns aber alle betrifft, ist unsere Aufmerksamkeitsspanne im Prinzip Stück für Stück nach unten geht.
00:36:51: Also wir grillen uns das eigene
00:36:53: Wohnen.
00:36:55: Wenn man jetzt aber mal drüber nachdenkt, dann ist ja Geschichte, sehr, sehr spezielle Geschichte, ein Thema, was viel Zeit braucht, viel Auseinandersetzung braucht, mit Hintergründen.
00:37:06: Findest du, da gibt es einen Widerspruch oder siehst du bis ganz anders?
00:37:10: Also ich meine, man muss immer kürzen, ne?
00:37:12: Auch ein Netflix-Doku, eine Schulstunde, eine Gedenkstättenführung, das ist ja immer komprimiert und schneidet rechts und links Dinge ab.
00:37:18: Und klar, so bei einem neunzig Sekunden TikTok-Video schon auch noch mal was anderes.
00:37:22: Aber ich glaube, das ist halt schon auch eine krasse Chance, weil ich kann das halt, ich bin vor der Kamera, kann erzählen.
00:37:26: Ich kann dann Dokumente, Videos, Audios, Photos, alles so zusammenbringen und komprimieren.
00:37:33: Und das ist halt eine sehr krasse Informationsdichte so.
00:37:35: Und ich suche natürlich schon auch Themen aus, die jetzt vielleicht ein bisschen nischiger sind.
00:37:40: aber nicht ganz großenswässer aufmachen.
00:37:41: Ich würde jetzt wahrscheinlich kein Video machen von jüdischer Wahrnehmung vom Ersten Weltkrieg bis heute.
00:37:48: Sondern es ist dann eher, warum wussten die Nazis, wer jüdisch war.
00:37:53: Also dann eher so spitzeine Frage.
00:37:55: Die Antwort ist erst mal in einem Satz gegeben und ich kann das dann unterfüttern durch Quellen, durch Dokumente etc.
00:38:01: Und das sind auch Themen, die dann nicht so viel Vorwissen brauchen.
00:38:03: Anderes Beispiel.
00:38:04: Ich spreche über Wachhunde in dem Konzentrationslager.
00:38:07: und da auch ohne das... jetzt zu versteht, das System der Konzentrationslager und die sind sie entstanden, versteht man, oh krass, sogar Hunde haben dazu beigetragen, das Leid der Heftlinge zu vergrößern, weil sie abgerichtet waren drauf auf Kommandos, wie holt den Juden irgendwie Menschen an zu fallen.
00:38:21: Und das glaube ich schafft dann trotzdem so ein bisschen weiteres Puzzlestück Wissen und auch Empathie mit den Verfolgten.
00:38:28: Und aber gleichzeitig habe ich auch dann darüber gesprochen, wie sie eben von ihren Herrchen so den SS-Männern abgerichtet wurden.
00:38:35: Also hat man auch nochmal so die Täterperspektive, also eigentlich voll viel.
00:38:38: an einem supernischig spitzten Thema.
00:38:41: Und ist aber erst mal so, ich hab das Video, glaub ich, sogar so angefangen, so, ich hab gehört, so Hunde-Content ist auf TikTok ein Ding und dann halt nur so Aufnahmen gezeigt und Hitler und seinem Hund.
00:38:50: Also, dass man dann das damit auch schafft, irgendwie Aufmerksamkeit zu erzeugen, wenn man vielleicht auch so bricht und trotzdem Thema anspricht, was auf der Plattform erstmal Sinn ergibt, so Hunde-Content.
00:39:00: Deswegen hat das, glaube ich, ja, kann man an dem Thema, glaube ich, ganz gut sehen, was mir da, was meine Gedanken dazu sind.
00:39:05: Ja, total.
00:39:07: Du hast ja auch ein Buch geschrieben zum Thema, oder du kommst glaube ich im
00:39:12: Oktober, im Oktober
00:39:13: kommst du raus, hast ein Buch geschrieben zu eigentlich deiner Idee oder zu der Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur in Deutschland.
00:39:20: Da hast du ja auch einen Vortrag dazu heute gehalten.
00:39:22: Was hat dich dazu bewegt erstens das zu schreiben und auch vielleicht einen analogen Weg zu wählen, obwohl du sonst eigentlich digital kommuniziert.
00:39:31: Ja, das habe ich dazu bewegt.
00:39:32: Also erst mal, also erst mal tatsächlich die Anfrage da und ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt.
00:39:37: So, das wäre schon mal sehr, sehr cool, aber dachte halt auch da so, ja, aber ich bin halt schon jetzt auch so diese TikTok-Person.
00:39:45: Und wer also würde, würde es Sinn machen, dass ich jetzt noch ein Buch schreibe, so soll doch noch mal ein bisschen länger alles.
00:39:51: Aber ich war dann Gott sei Dank in der Position, wo ich das Anfrage bekommen habe und auch sehr frei über meinen eigentlich komplett hundertprozentfrei das Vertrauen auch bekommen habe, mein eigenes.
00:39:59: Thema dazu setzen und glaube, das ist hoffentlich auch irgendwie so eine Ermutigung für ganz viele andere Leute, die auch denken, so ja, meine Stimme bei dem Thema habe ich keine Sprechposition, weil also ich hätte jetzt vor fünf Jahren auch nicht gedacht, dass ich mal hier irgendwie darüber spreche und jetzt ein Buch schreibe und so, und dass das halt so Sachen sind, wenn man irgendwas anfängt aus dem eigenen Interesse und das dann einfach weiter macht und dann selber auch eine Lernkurve darin irgendwie entwickelt, dass dann auch so was irgendwie passieren kann und man hoffentlich dann irgendwie auch andere Menschen damit erreicht.
00:40:29: Und auch, was ich darin beschreibe, das ist ja bei mir nicht von Anfang an da, sondern das sind Sachen, die sind teilweise auch in der letzten, der Recherche, der letzten zwölf Monate erst entstanden, meine Gedanken, die dann in diesem Buch geflossen sind.
00:40:39: Weil ich dann viel drüber gelesen habe, für mich viel beschäftigt habe mit Leuten, die halt schon vor fünfzig Jahren drüber geschrieben haben und so.
00:40:44: Und ja, es war eine krasse Reise, aber es ist schön, da jetzt irgendwie auch analog in einer längeren Form und eher so eine Metaebene, sage ich mal.
00:40:53: Und auch viele Themen, die ich für meine Videos recherchiert habe, nochmal länger einen Platz zu geben.
00:40:59: sehr aufregend und sehr, sehr schön zu wissen, dass das jetzt auch bald Menschen lesen können, so meinen Take dazu.
00:41:04: Und letztlich geht es um die Veränderung der Erinnerungskultur in Deutschland?
00:41:09: Genau, das so Gedenken und genau, und wie sieht das so?
00:41:13: Das sind halt auch jetzt eher so, ich sage mal, ich mache jetzt da keine Anleitungen für Gedenkorte und Museen und Politikerinnen, sondern es ist wirklich sehr, sehr praktisch so auf uns alle als Einzelpersonen angelegt zu sagen, was kannst du als Person irgendwie, du bist auch im Korrektiv, wie kannst du dazu beitragen, dass irgendwie andere Perspektiven und andere Themen sichtbar gemacht werden?
00:41:31: Und dann fängt es eben dabei an, zu wissen, was vorallem in Haustier passiert ist, Widerstand von Verfolgten anzusprechen, nicht über das Thema zu sprechen, in der Hoffnung, es würde irgendwie die AfD.
00:41:41: würde dann verschwinden, wenn alle nur mehr über Auschwitz wüssten und so.
00:41:44: Also das genau sind dann so ein paar gedenkende, kranklichte Aufgreifer.
00:41:48: Würdest du zum Abschluss-Podcast vielleicht eine Geschichte, die du aufgearbeitet hast in letzter Zeit, die dich besonders berührt hast, ohne dass man sie jetzt herausstellt und vergleicht mit ihnen, aber irgendwas, was dir in den Kopf kommt?
00:42:00: Wenn ich die Frage noch mal Geschichte, die du aufgearbeitet hast, in letzter Zeit, die dich besonders berührt hast.
00:42:05: Ich glaube, und das ist eigentlich absurd, aber es war tatsächlich Margot Friedländer, weil ich auch gemerkt habe, ich wusste gar nicht viel über sie.
00:42:13: Und diese Interview war sehr, sehr ausführlich und das war mir gar nicht so bewusst zu den Schmerzen, den sie halt hatte als Überlebende, dass sie ja eben von ihrer Mutter quasi verlassen wurde.
00:42:23: Die Mutter wollte bei ihrem Sohn bleiben, also bei Margot Friedländer's Bruder und sind dann beide nach Auschwitz verschleppt worden und dort ermordet worden.
00:42:29: Und sie ist dann in den Untergrund gegangen, hat sich versteckt, hat sie sogar die Nase operieren lassen, um nicht als Jüdiner kann zu werden und generell nicht erkannt zu werden.
00:42:37: Und dann in diesem Interview hat sie auch so ein, zwei mal angefangen zu weinen.
00:42:41: Und du hast gemerkt, der dieser Schmerz.
00:42:43: Und sie sagt ja sogar auch, dass wenn du jünger bist, dann ist erst mal überleben die einzige Option.
00:42:49: Aber wenn du es dann überlebt hast, dann ist es erst mal suffering.
00:42:51: Dann ist es leidend, dass du halt überlebt hast und andere nicht.
00:42:53: Und du stellst dir die Frage, warum.
00:42:55: Und für mich war das echt krass, weil ich mit der Person viele Berührungspunkte hatte.
00:42:59: Und natürlich auch ihre ganzen Interviews in den letzten Jahren verfolge.
00:43:02: Und dann zu merken, oh, da ist eine ganz andere Perspektive.
00:43:06: andere Seite an ihr, die ich nach ihrem Tod jetzt erst für mich so erschlossen habe.
00:43:12: Das war wirklich ein Moment, den ich auch ganz viel privat mit Leuten so geteilt habe, weil ich wirklich so dachte, krass.
00:43:18: Oder der mir dann ja auch in meinem Video sehr wichtig war, weil ich dachte, das ist echt absurd.
00:43:21: Wir denken alle, wir kennen diese Person so gut, weil sie so präsent war.
00:43:24: Aber über diese Perspektive wusste niemand Bescheid.
00:43:27: Ich glaube, es war auch in dem Interview, dass sie gesagt hat, dass sie eine Art von Scham entwickelt hat, weil sie überlebt hat.
00:43:32: Also wirklich verrückt.
00:43:35: Ich danke dir sehr.
00:43:36: Herzlichen Dank, dass du dabei warst.
00:43:36: Danke fürs mitbringen der Geschichte und dass du deine Gedanken
00:43:40: mit
00:43:40: uns beteiligt.
00:43:41: Danke dir.
00:43:41: Hat
00:43:41: Spaß gemacht.
00:44:01: Das war's mit dieser Folge vom Republikast.
00:44:04: Schön, dass du dabei warst.
00:44:07: Noch mehr Gespräche mit spannenden Menschen, mit denen ich auf der Republikar-Zweitausendfünfundzwanzig in Berlin gesprochen habe, hörst du in den anderen Folgen dieses Podcasts.
00:44:17: Wenn ihr dieser Podcast gefällt, dann abonnieren doch und lasst gerne eine Bewertung da.
00:44:22: Mein Name ist Jonas Ross und ich freue mich, wenn du auch bei der nächsten Folge wieder mit dabei bist.
00:44:27: Bis dahin, alles Gute, ciao!
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